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Promi Big Brother 2017 – Oder: Es war einmal…

Mit dem Sieg von Jens Hilbert ging am gestrigen Freitag nicht nur Promi Big Brother 2017 zu Ende, sondern auch ein modernes Märchen. Wir blicken auf die Geschichte – und das Happy End – zurück.

Promi Big Brother Märchen

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Es war einmal vor langer Zeit, da fiel ein kleines Mädchen in einen Brunnen und fand sich auf der anderen Seite der Welt wieder. Dort arbeitete es so hart wie kaum jemand vor ihr, brachte mit ihrem Witz alle zum Lachen und machte sich dadurch viele Freunde. Sie war gar so beliebt, dass sie bei ihrer Rückreise für all ihre Mühen mit Gold überschüttet worden ist.

Zuhause wurde allerdings ihre Stiefschwester so eifersüchtig auf den Erfolg des Mädchens, dass sie ihr nacheiferte. Doch sie gab sich bei den Arbeiten so wenig Mühe und machte so viele Fehler, dass sie statt mit Gold mit Pech überschüttet wurde.

Zuhause stellte sich schließlich heraus: Es war gar nicht die Stiefschwester, sondern der große Bruder.

Und bevor er die anstehenden Herbstferien dazu nutzt, seine Hausaufgaben dieses Mal richtig zu machen, hoffen wir, dass er zuerst einmal nachsitzen muss und mindestens hundertmal an die Schultafel “Ich bin nicht das Dschungelcamp” schreibt.

Vom großen Bruder, der auszog, um das Dschungelcamp zu werden

2017 war nicht das erste Mal, dass man bei Sat.1 ganz offensichtlich versuchte, der erfolgreichen RTL-Show nachzueifern. Schon die erste Staffel orientierte sich stark am Dschungelcamp: In der ersten von zwei Wochen konnten die Zuschauer jeden Tag einen Bewohner ins Match schicken, das ein Teil des kommentierenden Moderations-Duos konsequent als Prüfung bezeichnete. In der zweiten wählten die Anrufer schließlich jeden Tag einen Bewohner aus dem Haus. Doch weder die Prüfungen noch die Moderationen von Oliver Pocher und Cindy aus Marzahn reichten an das erfolgreiche Vorbild heran.

In Folge dessen wurde Promi Big Brother überarbeitet und stärker an den Normalo-Staffeln ausgerichtet. Das war – mit Ausnahme vom Vorjahr – durchaus erfolgreich. Umso verwunderlicher war es, dass Sat.1 eine Rolle rückwärts machte, sich wieder stärker am Dschungel orientierte, dieses Mal sogar das Baumhaus-Setting und die cartoonhaften Anrufanimation vom RTL-Format übernahm und am Ende erneut die gleichen Fehler machte wie in Staffel 1.

Besonders die Moderationstexte in Staffel 5 waren genauso mies wie in der ersten Runde. Ein Beispiel: Brötchen vorzuzeigen, nachdem Evelyn Vaginas mit Brötchen umschrieben hat, ist weder kreativ noch sonderlich lustig. Vermutlich waren Jochen Schropp und Jochen Bendel auch selbst von den für sie formulierten Texten wenig begeistert. Anders lässt es sich kaum erklären, wieso sie die viertklassigen Twitter-Witzchen mit so wenig Begeisterung abgelesen haben. Dabei haben beide Jochens in der Vergangenheit und in der Late Show in diesem Jahr bewiesen, dass sie mehr können und ohne vorgeschriebene Moderationstexte tatsächlich moderieren können.

Alles andere als eine märchenhafte Geschichtenerzählung

Doch nicht nur bei den Moderatoren machte man den gleichen Fehler wie in Staffel 1, sondern auch bei den Tageszusammenfassungen. Wie schon 2013 wurden die Ereignisse des Vortags als Schnipselshow präsentiert, bei denen ein Clip kaum zum anderen passte und es für Zuschauer äußerst schwer wurde, das Geschehen im Haus tatsächlich nachvollziehen zu können. Noch nie blieben bei Promi Big Brother so viele Fragen offen wie in diesem Jahr.

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Gerade bei dem Mobbing-Drama um Sarah Knappik wurde das deutlich. Warum hat sich das ganze Haus gegen sie verschworen? Warum distanzierte sich auch Dominik in den letzten Tagen von ihr? Warum unterstützte sie im Finale Jens, nachdem sie ihn in der Webshow noch als hinterlistig bezeichnete. Hat sie sich nach dem Finale noch mit Dominik ausgesprochen?  Und war es wirklich Mobbing oder war es die gleiche Knappik-Show wie einst im Dschungelcamp? Das Voting der Zuschauer, die bei Big Brother in solchen Fragen einen überraschend großen Gerechtigkeitssinn haben, sagt jedenfalls: kein Mobbing, sonst wäre sie im Haus geblieben. Doch die Narrative im Frühstücksfernsehen und bei Akte war trotz der Parallelen zum Dschungelcamp: offensichtliches Mobbing. Eine Auflösung gab es hier – wie bei vielen anderen kleineren Geschichten – nicht.

Doch ein Märchen wäre kein Märchen, wenn es nicht auch ein Happy End geben würde. Man kann viel an Big Brother, der Produktionsfirma EndemolShine Germany und Sat.1 kritisieren. Man kann ihnen jedoch nicht vorhalten, es nicht tatsächlich probieren zu wollen. Auf die schlechten Quoten und die Kritik der Fans wurde zumindest teilweise reagiert. Damit wurden die Macher auch zu Recht mit steigenden Quoten in der zweiten Woche belohnt. Das zeigt einmal mehr: Auch wenn Big Brother-Zuschauer äußerst kritisch sind, so sind sie doch bereit zu verzeihen und eine halbwegs ordentliche Sendung zu gucken.

Promi Big Brother 2017 mit Happy End – Nicht nur aus Quotensicht

Und es gibt einige Dinge bei Promi Big Brother 2017, die Sat.1 und EndemolShine Germany schon von Beginn durchaus etwas richtigmachten. Zum einen wären hier die Duell-Arena und das angrenzende Studio zu nennen, die optisch einiges hermachten – auch wenn es bei den Duellen selbst weiterhin Verbesserungsbedarf gibt. Und auch das Haus wusste zu gefallen. Zwar konnte das Nichts optisch nicht mit der Kanalisation mithalten, das Alles war dafür deutlich schicker als die sterilen Nobeletagen der Vorjahre. Dass die beiden Bereiche räumlich nicht komplett getrennt waren und so mehr Interaktionen zwischen den Bewohnern möglich waren, zahlte sich ebenfalls aus.

Darüber hinaus muss man auch das Casting loben. Verglichen mit dem Vorjahr waren die Bewohner in diesem Jahr äußerst unprominent. Dafür waren sie im Vergleich zur Münchener Schickeria von 2016 deutlich unterhaltsamer. Besonders Claudia Obert hat trotz oder gerade ihrer vulgären und obszönen Art weite Teile der Show getragen. Und bei Personen wie Milo Moiré wird die eigentlich Stärke des Formates deutlich.

Das Dschungelcamp ist inzwischen für nicht gerade wenige Stars zur Marketingplattform verkommen wie man unter anderem an Florian Wess sah. Das Ziel seiner Teilnahme war es, die Catchphrase “Highclass” zu etablieren, um den Spruch hinterher auf T-Shirts und Tassen verkaufen zu können. Bei Promi Big Brother können die Promis dagegen noch immer beweisen, dass sie mehr sind als unfassbar spitze Nippel (weshalb es auch unfassbar schade war, dass Milo in ihrem Best-of genau darauf reduziert worden ist).

Promi Big Brother kann damit tatsächlich ein Märchen sein, wie der verdiente Gewinner Jens Hilbert zeigte. Der Selfmade-Millionär hatte vermeintlich alles, doch im Haus wurde klar, dass er nichts hatte außer Selbstzweifel. Aber er gab viel von sich selbst Preis, ging aus sich heraus und nutze Promi Big Brother nicht zur eigenen Bereicherung, sondern zur erfolgreichen Selbstfindung. Das wussten auch die Zuschauer zu schätzen und machten ihn zur Goldmarie. Nicht, weil sie ihm die 100.000 Euro gaben, die er ohnehin spenden möchte. Sondern, weil sie ihm ein Selbstwertgefühl gaben.

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Und das war vielleicht das schönste Happy End, das man sich für Promi Big Brother 2017 vorstellen konnte.

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